11. & 12.03.2025 in Hamburg
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1st Party Data Nutzung in Werbetaktiken: Welche Herangehensweise zeigt sich als effektiv?

Annika Geiger, Gucci

Als Brand bedarf es oftmals sehr guter Recherche, um im Publisher Umfeld den richtigen Partner für die jeweilige oftmals technische Herausforderung zu finden. Auch wir stehen in der Luxusindustrie vor denselben Herausforderungen wie viele andere Industrien: Omnichannel-Fokus bei einem großen Umsatzanteil von Retail, der sehr persönlichen Kundenansprache und der Automatisierung interner Prozesse, insbesondere in Bezug auf Neukundenakquise und ultimativ deren Wiederansprache.
Doch wie gehen wir am besten vor? Meine geschätzte Kollegin Annika Geiger und ich nähern uns dem Thema aus Marken- und Publishersicht und teilen unsere Learnings und weiteren Vorgehensweisen.

Maria von Scheel-Plessen, Gucci

Trend Alert: 1st Party Data Journeys

Seit einigen Jahren ist es das vermeintliche Ziel, automatisierte Customer Journeys zwischen den Media und CRM Teams zu etablieren, u.a. mit Tools wie Salesforce Advertisement. Dieses erweist sich als äußerst lukrativ, wenn im Vorfeld eine präzise Segmentierung der Kundengruppen stattgefunden hat, sodass diese mit Salesforce erneut angesprochen werden können, nachdem sie zuvor über diverse Mediakanäle akquiriert worden sind. Jedoch sind wir mit den Insights , die wir im Endeffekt aus den automatisierten Kampagnen erhalten , noch nicht zufrieden. Aufgrund des Wegfalls der Cookies sind Kaufverhalten, Favorisierung und demografische Daten kaum ersichtlich, Kundenprofile sehr generisch und wir können diese, nachdem wir sie bei Salesforce Advertisement eingepflegt haben , nicht erneut 1:1 ansprechen. Es findet quasi ein Disconnect zwischen Salesforce und unseren eigenen Datensätzen statt und die Journeys sind nicht automatisiert, sondern müssen einzeln aufgesetzt werden. Wir sollten eine Lösung finden, welche unsere 1st Party Daten auf den richtigen Kanälen bespielt, mit weiteren Informationen anreichert und diese dann zurückspielt, um sie in unsere Datenbank einfließen lassen zu können. Dann wären wir bei echten 1st Party Data Journeys und nicht bei dem Transfer zwischen Firmen und Tool Silos.

Social Commerce: Das neue Brandformance?

Die Entwicklung von Social Commerce ist absolut spannend und insbesondere im Nahen Osten und Asien bereits stark etabliert. In Europa sind die Kunden noch etwas konservativer. Meine Analysen in der Luxusindustrie haben gezeigt, dass insbesondere der Checkoutprozess über Snapchat, Instagram und TikTok zu mehr als 60% von Gen Z genutzt werden, in Asien vermehrt für limitierte Kollektionen, im Nahen Osten für Abendkleidung. Doch ich habe in den vergangenen Jahren auch viele Bugs in unseren Social Brand Shops erlebt: Den Kunden sind falsche Währungen angezeigt worden oder Produkte, die in dem jeweiligen Land nicht hätten visibel sein sollen. Zudem erhalten wir bei einigen Partnern wenig Einblicke in die Conversion Data , abgesehen von den Produkten und der Store Location. Das heißt, auch hier erlangen wir nicht unbedingt mehr Insights über unsere Kunden, stellen uns jedoch kundenzentriert auf, indem wir auf die Bedürfnisse der Online-Inspiration und des sofortigen Checkouts eingehen. Social Commerce ist mit Aufsetzen des Conversion API’s, der richtigen Produktauswahl und Gen Z gerechtem Branding ein starker zusätzlicher Verkaufskanal.

Data Clean Rooms: Ab wann sind sie sinnvoll?

Data Clean Rooms bieten die Option , Nutzerdaten von verschiedenen Parteien datenschutzfreundlich für das Advertisement aufzusetzen, diese zu analysieren, um daraus dann Kohorten für Werbetreibende zu bilden. Diese gemeinsam genutzten Infrastrukturen sind meist cloudbasiert und matchen Parameter der Kundendaten, zum Beispiel E-Mail-Adresse oder die Handynummer. Auch hier gilt natürlich: Je mehr Datenpunkte ich als Marke erfasse, desto zielgerechter kann ich meine Attributionsmodelle aufsetzen und diese in meine Marketingstrategie mit einfließen lassen. Die Herausforderung bei den Data Clean Rooms ist oftmals die Skalierbarkeit: Welche Menge an Daten muss ich zur Verfügung stellen, um eine gute Matching Rate zu erreichen und somit die richtigen Rückschlüsse für meine Marketingkampagne und die relevanten Datensätze zu ziehen? Aus meiner Erfahrung sind die Clean Rooms ideal , um die Hoheit über die eigenen Daten zu behalten und es ist wichtig , diese mit den wichtigsten strategischen Werbepartnern wie Meta und Google aufzusetzen, um weiterhin eine zielgerechte Kommunikation zu ermöglichen.

Wie reagiert die Industrie auf diese Herausforderungen?

Viele der beschriebenen Trends und Herausforderung en ergeben sich aus dem Wegfall der 3rd Party Cookies und der darauffolgenden Antwort der Industrie in Form von Lösungsansätzen, die noch großen Optimierungsbedarf aufzeigen. Werbetreibende sind nun gezwungen, den Fokus stärker auf ihre 1st Party Daten und CRM-Systeme zu setzen, denn grundsätzlich gilt: Je mehr Möglichkeiten Unternehmen haben, eigene Kundendaten über ihre Website, App, etc. zu erheben, desto besser! Doch wie können diese Daten nun effektiv für Online-Werbestrategien eingesetzt werden?
Hierzu gibt es gute und schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht ist, dass nahezu alle Walled Gardens und Programmatische Plattformen eine Lösung entwickelt haben. Die schlechte Nachricht ist, dass die angebotenen Lösungen noch sehr in Silos agieren, was das Anspielen von Usern und das Messen einer Kampagne über verschiedene Kanäle hinweg schwierig bis unmöglich macht.

Walled Gardens: Antwort auf den 3rd Party Cookies Verfall am Beispiel von Meta

Meta musste sich der Herausforderung stellen, dass die Wirksamkeit des Facebook Pixels (ein wertvolles Werkzeug für das Aufgreifen von Geschäftsdaten) durch Ad Blocker, Cookie Blocker etc. signifikant nachgelassen hat. Durch Apple’s iOS 14 Update, das die Verwendung von Cookies für Tracking auf Apple Geräten weiter stark eingeschränkt hat, musste eine Lösung her. Glücklicherweise hatte Meta schnell eine Antwort, und sie heißt Facebook Conversions API. Sie stellt eine direkte Verbindung zwischen den Marketingdaten und CRM Systemen eines Advertisers und Meta her und nutz t diese dann u.a. zum Targeting. Dadurch wird die Abhängigkeit von Browser Pixeln des Users eliminiert, denn es werden nicht mehr Browser-Pixel-Events des Users getrackt, sondern Server-Events der eigenen Webseite genutzt.

Independent Ad Tech: Die Bewegung hin zur Supply Side als Antwort auf den 3rd Party Cookies Verfall

Aber auch außerhalb der Walled Gardens gibt es im programmatischen Bereich Lösungen, 1st Party Daten gezielt einzusetzen. So bieten SSPs, wie zum Beispiel Magnite, Audience Matching oder Data Clean Room Solutions an, die die Abhängigkeit von 3rd Party Daten für Targeting umgehen sollen. So können 1st Party Daten eines Advertisers mit 1st Party Daten verschiedener Publisher in einem Clean Room sicher und DSGVO-konform abgeglichen und zum Targeting eingesetzt werden. Dies ist eine vielversprechende Lösung, denn selbst wenn ein User den Safari Browser nutzt, der 3rd Party Cookies blockiert, kann ein Publisher seine 1st Party Daten beibehalten. Diese können dann auf die Bedürfnisse des Werbetreibenden zugeschnitten und über die SSP genutzt werden.

Data Clean Rooms: Die Lösung der Zukunft?

Viele der Lösungsansätze für das Wegfallen von 3rd Party Cookies beruhen auf Data Clean Rooms, bei denen wir grob zwischen zwei Arten unterscheiden: Media Clean Rooms (z.B. Google, Amazon, Facebook) und unabhängige Clean Rooms, in denen zwei Parteien (z.B. Advertiser und Publisher) Daten sicher miteinander teilen. Leider bieten diese Lösungen noch kein integriertes Omnichannel-Verständnis für Kampagnen eines Advertisers, da Online-Aktivitäten nur isoliert betrachtet werden können. Einige Unternehmen haben bereits damit begonnen, dieses Problem anzugehen, allerdings bleibt abzuwarten , inwieweit die Walled Gardens bereit sind, ihre Daten in einer Privacy-First-Landschaft zu teilen. Sollten wir zukünftig als Industrie eine tragbare Lösung finden, birgt dies vielversprechende Aussichten für Advertiser.

Welches Potential birgt sich hinter Social Commerce?

Auch der Bereich Social Commerce innerhalb der Walled Gardens stellt einen interessanten Baustein zur Überlagerung von 1st Party Daten, aber auch zur Insights-Generierung dar. Wenn wir Daten über Kunden, Warenkorbinhalte und Kauffrequenz über Influencer-Kooperationen , markeneigene Inhalte und Sales Ads legen, können wir Einkaufs- und Warenkorbgröße, sowie Kundenloyalität steigern. Interessant wäre dann, wenn zum Beispiel Daten über Kundeninteraktion mit unseren Instagram (IG)- Inhalten und Sales Ads an die Transaktionsdaten unsere Kunden im IG Shop gekoppelt und außerhalb der Plattform über Clean Room Solutions genutzt werden können. Dadurch würde sich uns eine neue Welt an Insights und Targeting-Möglichkeiten eröffnen.

Wir schauen hoffnungsvoll in die Zukunft und schaffen uns bis dahin temporäre Übergangslösungen

In der Zwischenzeit werden wir uns jedoch mit Übergangslösungen zufriedengeben müssen, wie zum Beispiel manuelle Kundensegmente basierend auf CRM-Daten anzufertigen und auszuspielen; sei es über Salesforce Advertisement oder Clean Room- Lösungen. Auch Alternativen zu Clean Rooms stehen zur Verfügung, wie zum Beispiel Universal IDs, Google Chrome’s Privacy Sandbox und kontextuelles Targeting. Und wenn es um Re-Targeting-Kampagnen ohne Cookies geht, heißt es “Kreativ sein!”. So können Advertiser zum Beispiel ihre Webseite in der Werbekampagne so einsetzen, dass User direkt darauf geleitet werden. Danach kann eine Re-Targeting-Kampagne anhand von 1st Party Data für die User durchgeführt werden, die auf der Landing Page gelandet sind.



Annika Geiger, Gucci

Annika Geiger
Brand Direct Lead, Magnite

annika.geiger0@gmail.com





Maria von Scheel-Plessen, Gucci

Maria von Scheel-Plessen
Director EMEA, Gucci

maria.plessen@gmail.com