Außenwerbung und Programmatic – was zunächst recht widersprüchlich erscheint, passt am Ende doch hervorragend zusammen. Schließlich besteht das älteste Werbemedium schon lange nicht mehr nur aus geklebten Plakaten, dank Digital Out of Home (DOOH) wird es zunehmend auch digital. Mehr noch: Was vor gut 20 Jahren mit der Installation der ersten Screens im öffentlichen Raum seinen Anfang nahm, hat sich inzwischen zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt. Laut der ersten vorläufigen Auswertung von Nielsen Media Research (Nachmeldungen sind noch möglich) ist DOOH eine der wenigen Mediengattungen, die mit einer positiven Bilanz aus dem allgemein schwierigen Werbejahr 2022 gegangen ist: Zwei Prozent beziehungsweise 19,12 Millionen Euro Plus bei den Bruttospendings gegenüber 2021 sorgen dafür, dass Digital Out of Home mit einem Gesamtumsatz von rund 953 Millionen Euro zum vierten Mal in Folge sein erfolgreichstes Jahr hingelegt hat.
Einen maßgeblichen Anteil an diesem Aufwind hat der programmatische Handel, der sich als echter Wachstumstreiber herauskristallisiert hat: Nach Angaben des Institutes for Digital Out of Home Media (IDOOH) sind bereits mehr als zwei Drittel aller digitalen Außenwerbeflächen in Deutschland an ein automatisiertes Buchungssystem angeschlossen. Vor allem im vergangenen Jahr ist in dieser Hinsicht noch einmal viel Bewegung in die Branche gekommen, indem auch immer mehr mittelständische DOOH-Anbieter auf den Programmatic-Zug aufgesprungen sind. Mit der Folge, dass nun häufig Kund:innen digitale Außenwerbung buchen, die das Medium vorher nicht in ihrem Mediaplan hatten und somit auch „neues“ Geld in die Branche bringen. Zwischen 30 und 40 Prozent aller Netto-Werbeeinnahmen von Digital Out of Home dürften aktuell aus programmatischen Buchungen stammen. Und schon in diesem Jahr, so die Prognose des IDOOH, soll sich das Verhältnis endgültig umkehren und die Netto-Umsätze von Programmatic DOOH werden erstmals die der klassischen Buchungen übersteigen.
Erstmals richtiges Targeting von Zielgruppen in Out of Home möglich
Beim etwas tieferen Eintauchen in die Planungsprozesse wird schnell klar, weshalb der Siegeszug von Programmatic DOOH nicht aufzuhalten ist: Neben der neuen Schnelligkeit, Kurzfristigkeit und Flexibilität, die die Werbung im öffentlichen Raum erfahren hat, wird mithilfe der Automatisierung erstmals ein echtes Targeting von Zielgruppen in der Außenwerbung möglich. Bereits seit Jahren Standard ist dabei die Kampagnenausspielung nach individuellen Zeiten – wer etwa morgens und abends die Pendler :innen gezielt ansprechen möchte, kann sie problemlos auf ihrem Arbeitsweg mit DOOH begleiten. Oder die Fußball-Fans auf der Fahrt nach Hause nach dem soeben zu Ende gegangenen Spiel. Als weitere Selektionsmöglichkeit steht beispielsweise ein zu 100 Prozent zielgenaues Geo-Targeting zur Verfügung, da bei der programmatischen Ausspielung in der Regel nach dem einzelnen Player optimiert wird, dessen Standort exakt bekannt ist. Das Wetter-Targeting ist in Arztpraxen mittlerweile so granular, dass es auf die Postleitzahl genau aussteuerbar ist. Durch einen täglichen Abgleich der aktuellen Wetterdaten können dann selbst plötzlich auftretende, lokale Wetterphänomene berücksichtigt werden. Auch eine Selektion nach der aktuellen Pollenflug-Vorhersage ist dabei möglich. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Targeting-Möglichkeiten wie etwa nach Demographie, Geschlecht, Freizeit-Interessen oder Haushaltsnetto-Einkommen.
Wie mit intelligentem Targeting über Programmatic DOOH die Effektivität eines Kommunikationsauftritts gesteigert werden kann, macht ein konkretes Beispiel aus der Praxis deutlich: Im September letzten Jahres nutzte ein Kunde aus der Touristik-Branche zur Bewerbung eines höherpreisigen Produkts erstmals das Programmatic-Angebot von TV-Wartezimmer. Dabei wurde die Kampagne bundesweit komplett auf Kaufkraft-Index und Postleitzahlen optimiert, sodass – exakt passend zum Ziel der Kampagne – ausschließlich Standorte adressiert wurden, in denen ein überproportional hoher Anteil an Personen mit einer hohen Kaufkraft vorzufinden ist. Das Targeting war letzten Endes so erfolgreich, dass der Kunde die Kampagne innerhalb kurzer Zeit zwei Mal – im November 2022 sowie im Januar 2023 – verlängert hat.
Targeting auf Basis unterschiedlichster Daten
Mithilfe von Programmatic können also Außenwerbekampagnen auf Basis von so vielfältigen Targeting-Kriterien ausgespielt und dabei auch immer wieder in einer Geschwindigkeit angepasst werden, wie sie manuell entweder gar nicht oder nur sehr mühsam realisierbar wären. Das wird einmal mehr deutlich, wenn man sich die dahinterstehende technische Umsetzung vor Augen hält: Jeder einzelne DOOH-Screen ist bei den jeweiligen Anbietern und Vermarktern an ein zentrales Playout-System angeschlossen. Dadurch kann er entsprechend der Targeting-Kriterien einzeln selektiert und auch bei der Spotausspielung individuell angesteuert werden. Dank Programmatic funktioniert das automatisiert und innerhalb von Sekunden.
Die dafür benötigten Daten stammen aus verschiedenen Quellen: Zunächst von den Standorten selbst, die bis ins kleinste Detail vermessen sind. Das heißt, neben den exakten Geo-Koordinaten sind auch die wichtigsten Touchpoint-Kriterien bekannt, die wiederum den Kontext bilden, in dem die Werbung ausgestrahlt wird. So ist für die Wirkung einer Kampagne unter anderem entscheidend zu wissen, ob sie beispielsweise in einer Passagesituation im Bahnhof wahrgenommen werden soll oder in einer Wartesituation in einer Arztpraxis. Oder ob der Screen sich unmittelbar am Point of Sale befindet oder in einem Freizeitumfeld wie Kino oder Fitnessstudio.
Die jeweiligen Leistungswerte – wie unter anderem die Kontaktzahlen – für die digitalen Screens, aber auch die relevanten Zielgruppeninformationen wie Demographie, Touchpoint-Nutzung oder Interessen stellt die „Public & Private Screens“-Studie vom IDOOH zur Verfügung, die ab diesem Jahr erstmals alle relevanten Player im Digital-Out-of-Home-Markt abdeckt. Auch sonst ist die Studie „State of the Art“: Um die Bewegungsdaten an den DOOH-Touchpoints möglichst zeitnah zu erfassen, greift sie auf das ständige Trackingpanel „GIM Traces“ zurück. Dadurch kann das IDOOH dem Markt monatlich aktualisierte Leistungswerte und Zielgruppendaten aller DOOH-Werbeträger in Deutschland zur Verfügung stellen. Die Wetter-Daten stammen von speziellen Wetter-Datenbanken, hinzu kommen noch zahlreiche weitere Informationen aus den gängigen Markt-Media-Studien oder GfK-Daten.
Geschwindigkeit und Flexibilität gepaart mit Reichweite
In Punkto Geschwindigkeit und Aktualität kann Digital Out of Home die Stärken eines digitalen Mediums also voll ausspielen. Gleichzeitig sind die Screens im öffentlichen Raum den übrigen Digitalkanälen in einem Punkt meilenweit voraus: Neben der analogen Außenwerbung zählen sie zum letzten verbleibenden Reichweitenmedium. Das heißt, sie können Werbebotschaften sehr schnell zu sehr vielen Menschen auf einmal transportieren. Außerdem sprechen sie als Out-of-Home-Medium besonders gut die mobilen und jüngeren Zielgruppen an, die über klassische Medien wie TV oder Print nur noch schwer zu erreichen sind. All diese Stärken sind in ihrer Kombination innerhalb der Medienlandschaft einzigartig.
In jüngster Zeit hat sich ein weiterer Vorteil herauskristallisiert, der den Siegeszug von Digital Out of Home noch einmal beschleunigen könnte: Da DOOH – anders als Online – ein One-to-Many-Medium ist und somit keinen direkten Rückkanal hat, spielen Drittanbieter-Cookies hier keine Rolle. Bei der Planung einer DOOH-Kampagne wird auch nicht in einzelnen Usern , die personalisiert angesprochen werden sollen, gedacht, sondern in ganzen Zielgruppen, deren Kenntnisse auf anonymisierten Daten basieren. Daher existieren in dieser Branche auch keine Probleme im Sinne der DSGVO. Vielmehr basiert die Planung in der digitalen Außenwerbung auf dem Umfeld beziehungsweise Kontext, der sich – wie weiter oben beschrieben – über den Screen-Standort ergibt. So kann ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln beispielsweise davon ausgehen, dass er seine gesundheitsbewusste Zielgruppe überproportional häufig in Fitness-Studios, Apotheken oder Arztpraxen erreicht.
Perfekte Lösung für die „cookieless Future“
Das Potenzial von Digital Out of Home als perfekte Lösung für die „cookieless Future“ nehmen offenbar auch immer mehr Werbetreibende wahr: Schon jetzt ist festzustellen, dass die zahlreichen Selektions-Möglichkeiten nach Zielgruppen in den Locations, die die Branche abdeckt – wie etwa Shopping Malls, Flughäfen, Bahnhöfe, Supermärkte, Apotheken, Wartezimmer, Tankstellen – für immer mehr Kund:innen spannend werden, die früher allein auf Cookies gesetzt haben. Darauf aufmerksam wurden sie nicht zuletzt über Programmatic DOOH.
Claudius von Soos
Head of Media Sales & Programmatic Advertising
TV Wartezimmer
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